Richard Doetsch: Die 13. Stunde
(OT: The Thirteenth Hour)
Gelesen von Matthias Koeberlin
Veröffentlicht: Lübbe Audio, 2010
6 Audio-Cds
Länge: 453 Minuten
ISBN: 978-3-7857-4281-5
Inahltsangabe des Verlags:
Nicholas Quinn sitzt im Verhörraum der Polizei. Seine Frau wurde ermordet, und man hält ihn für den Täter. Doch er ist unschuldig. Ihr Tod ist mit dem Schicksal von 212 Menschen verbunden, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind – denn eigentlich sollte Nicholas’ Frau an Bord dieser Maschine sein. Doch aus irgendeinem Grund hat sie die Maschine in letzter Minute verlassen. Dieser Grund ist für den Absturz verantwortlich. Und für ihren Tod.
Ein Fremder betritt das Verhörzimmer. „Ihre Frau lebt noch“, sagt er. „Sie können sie retten und die 212 Passagiere des Flugzeugs.“ Er überreicht Nicholas eine goldene Uhr, auf der die Zeit rückwärts zu laufen scheint. “Sie haben dreizehn Stunden.”
Meinung:
Richard Doetsch war für mich bislang ein unbeschriebenes Blatt im Bereich Thriller. Mit “Die 13. Stunde” hat sich dies geändert.
Bei Zeitreisethematiken gibt es bei mir grundlegend zwei Stimmen im Kopf, die ihren Meinungen kräftig Lautstärke verleihen: Auf der einen die freudige, die erwartungsvoll versucht die andere, skeptische, zu übertönen. Ja, man kann bei Zeitreisethrillern richtig daneben greifen, dafür ist die Thematik allein schon komplex genug. Man kann allerdings, und das schafft Doetsch hier, ein schieres Erlebnis schaffen, das nicht nur einmal, sondern gleich 12 mal die Zeit auf den Kopf stellt und dennoch von Anfang bis Ende zwar wendungsreich, aber auch plausibel bleibt.
Kommen wir kurz zur Story. Viele Autoren scheitern bereits an *einer* Zeitreise – Doetsch hingegen packt insgesamt 12 dieses Thema an und während andere Autoren gern unheilsschwanger Phrasen wie “Jede Handlung, die du jetzt veränderst, hat Auswirkungen auf die Zukunft” einbauen, man dort jedoch den Regenwald abholzen könnte, ohne daß es großartig dramaturgisch verwertbare Konsequenzen hätte, treibt Doetsch dieses Spiel gekonnt auf die Spitze. Es läuft glücklicherweise nicht auf das Spiel hinaus, daß man nur das eine Element verhindern muss, um ein anderes zu ändern – es ist in schlichter Brillianz ein waschechter Thriller, eine Tätersuche, die sich erst Stück für Stück auflöst – und durch diesen und obig genannten Fakt, daß es hier in Hinsicht auf die Zeitreisethematik einfach konsequenter zugeht als in den meisten anderen Romanen oder Filmen dieser Art, wird “Die 13. Stunde” zu einem lupenreinen CD-Turner.
Nun ist “Die 13. Stunde” keine “Krawall-Produktion”, sondern ein krimilastiger Thriller mit einem dezenten SciFi-Anstrich. Sowas verlangt nach einem eher kühlen, ruhigen Erzähler. Nimmt man noch den Fakt dazu, daß der Protagonist Anfang 30 ist, kommt man mit Matthias Koeberlin auf einen Namen, der einfach passt. Koeberlin, der bereits etliche Male sein Können als Erzähler bewies (exemplarisch in “Das Jesus-Video“, den Richard Monatanari Hörbüchern oder Clive Barkers “Das erste Buch des Blutes“), entpuppt sich auch hier als Idealbesetzung. Er bringt Kraft seiner Stimme und Betonung die permanent unheilvolle, bedrückende Atmosphäre der Ungewissheit punktgenau rüber und verleiht dem Ganzen eine sanfte Eindringlichkeit, die bereits “Das Jesus-Video” nicht umsonst zu einem derart vielgelobten Highlight machte.
Für mich bleibt somit als Fazit ein Hörbuch, das eines der wenigen ist, auf das ich einfach nur abfeiern könnte. Richard Doetsch hat mit “Die 13. Stunde” einen packenden und einfach faszinierenden Thriller geschrieben, der so einfach und so konsequent mit der Zeitreisethematik spielt, das es einem schlicht die Sprache verschlägt. Vorgetragen von Matthias Koeberlin, dessen Interpretation die Kühle und bedrückende Ungewissheit perfekt einfängt und wiederspiegelt und der sich hier einmal mehr als einer der besten jüngeren Erzähler erweist.
“Die 13. Stunde” ist nichts weniger als ein perfektes Beispiel dafür, wie Zeitreisethriller klingen müssen – von der Story UND vom Erzähler her. Unbedingter Hörtipp!
Cover © Lübbe Audio