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2. SCHREIB MICH AB –
Der Pro­duk­tions­pro­zess

RD: Was war bei „SMA“ zuerst da: Die Idee zur Story oder das Zielmedium Hörspiel?  

MR: Das Zielmedium Hörspiel. Da wir eigentlich ein Animationsstudio sind, hatte ich mir überlegt: Wenn wir direkt das vertonte Skript nehmen, bevor wir überhaupt anfangen zu animieren und es nur etwas umarbeiten, haben wir eigentlich schon ein fertiges Produkt: Ein Hörspiel. Die Idee kam dann relativ schnell danach. Aber mein erster Pitch war „Ein interaktiver Hörspiel-Podcast“.

Es ist immer etwas schwierig, Geldgeber zu überzeugen, dass das, was wir machen, tatsächlich möglich ist, da sie es einfach nicht glauben. Besonders große Konzerne können sich ein so agiles Arbeiten oft nicht vorstellen.

RD: Wie kamst du/ihr auf die Idee, dieses Thema in Form eines Hörspiels umzusetzen, präziser: ein interaktives Hörspiel als Podcast zu veröffentlichen?

MR: Ich denke, ich bin die Person in Deutschland mit der meisten Erfahrung darin, Kommentare und Feedback von Zuschauer:innen in ein Skript zu integrieren und in kürzester Zeit eine Produktion auf die Beine zu stellen. Warum? Weil ich das als einziger regelmäßig seit über 13 Jahren mache. Wenn man so will, gehen die ersten Workflows auf meinen DSDS-Parodie-Animationen zurück, wo ich, während die Show lief, Notizen machte, im Anschluss das Skript ausarbeitete, Ton aufnahm und die Nacht durch animierte, um am nächsten Tag das Video fertig zu haben. Dann machte ich dasselbe mit dem Dschungelcamp fürs Fernsehen. Später kam bei #TubeClash und BROADCAST MY ASS dann mein Original Content mit aktiver Interaktion. Beides waren Animationsserien, bei denen alle Zuschauer:innen durch Votings und Kommentare die nächste Folge mitbestimmen konnten. War es früher, zu DSDS-Parodie-Zeiten noch eine 1-Mann-Produktion, steigerte sich mit den Jahren die Komplexität der parallelen Abläufe (Skripten, Aufnahmen, Animation, Musik, Schnitt, Soundeffekte, Social Media) und somit die Anzahl der Mitarbeiter auf bis zu 35. Da müssen die Abläufe einfach aalglatt sein. Außerdem haben wir die neusten Interaktions-Tools von YouTube und anderen Plattformen stetig in unsere Formatentwicklung und Workflows einfließen lassen, sodass sich über die Jahre ein unglaublich guter Apparat für agile Workflows entwickelt hat, der uns erlaubt in kürzester Zeit innovative und hochprofessionelle fiktionale Inhalte zu produzieren. 

Es ist immer etwas schwierig, Geldgeber zu überzeugen, dass das, was wir machen, tatsächlich möglich ist, da sie es einfach nicht glauben. Besonders große Konzerne können sich ein so agiles Arbeiten oft nicht vorstellen. Da muss ich dann immer um Vertrauen bittend auf mein Résumé verweisen haha. Denn bisher haben wir jedes dieser innovativen Formate erfolgreich auf den Markt gebracht.

RD: Christian Zeiger in der Hauptrolle, dazu David Turba, Reinhard Scheunemann, Rieke Weber, Birte Baumgardt – das ist schon ein extrem starker Cast mit Wurzeln im Synchron. Hattest du oder ihr die Stimmen schon beim Schreiben im Ohr oder bekommen die Figuren erst nach dem Schreibprozess ihre Stimmen in Form von „den oder die könnte ich mir gut darauf vorstellen, fragen wir mal“?

MR: Ein Mix aus beidem. Christian Zeiger hatte ich direkt für Henry im Ohr. Er ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und ich wusste, ohne Christian könnte ich die Geschichte nicht erzählen, wie ich sie gern erzählen würde. Er schafft es, Teenage Angst zu nehmen und so zu spielen, dass es emotional nie peinlich klingt, sondern roh und echt. Ich wusste, dass ich das Team um ihn bauen möchte. Zeitgleich ist Christian auch sehr tief in die Synchronszene vernetzt, wodurch wir viele, namenhafte Sprecher mit ins Boot holen konnten, wie zum Beispiel David Turba – meine absolute Lieblingsstimme, seitdem er bei Queer as Folk in der deutschen Synchro Justin gesprochen hat. Ich freue mich, dass wir so wichtige Stimmen für die queere Szene mit an Bord haben. Christian Zeiger hört man beispielsweise ja auch als Jamie in der Verfilmung von EVERYBODY’S TALKING ABOUT JAMIE, in der es um einen Jungen geht, der mit 16 Jahren den Wunsch hat, eine Drag Queen zu werden. 

Für mich war es nur logisch, auch SCHREIB MICH AB bei funk zu pitchen – gerade, weil der ÖR aktuell viel Spannendes im Podcast-Bereich ausprobiert.

RD: Produziert hast du mit deinen darkviktory studios – kam die Idee der Kooperation mit funk und dem rbb über eure Vorgeschichte, wie etwa Broadcast My Ass?

MR: Schon vor 6 Jahren habe ich die letzte Staffel #TUBECLASH für funk produziert und arbeite seitdem sehr gerne mit den Öffentlich-rechtlichen. Durch BROADCAST MY ASS hat sich mir gezeigt, wie cool es eigentlich ist, dass wir funk in Deutschland haben: Eine Animationsserie mit dem Fokus YouTube & Social Media würde man sonst vermutlich eher aus dem Ausland einkaufen und müsste dann schauen, wie weit das für den deutschen Markt passt, aber dank funk konnten wir eine Serie erschaffen, die direkt bei uns vor der Haustür spielt – in der Dörfer aussehen, wie sie es in Brandenburg tun und in der es inhaltlich um deutsches YouTube-Drama und Anspielungen auf unsere Gesellschaft geht. Für mich war es nur logisch, auch SCHREIB MICH AB bei funk zu pitchen – gerade, weil der ÖR aktuell viel Spannendes im Podcast-Bereich ausprobiert. 

RD: Wie kamst du oder ihr auf den Publikationsweg Podcast für das Hörspiel? Stand das von Anfang fest oder hat sich das während der Vorproduktion herauskristallisiert?

MR: Nee, es war schon direkt als Hörspiel-Podcast gepitcht. Ich wollte etwas Serielles machen, das sich moderner anfühlt und anhört, als das klassische Hörspiel und dafür bietet sich der Regenschirmbegriff „Podcast“ ganz gut an. Mittlerweile kann ein Podcast alles sein: Jemand der allein seine Film-Review in ein Mikro spricht, zwei Freunde, die sich über ihre Woche austauschen, die Audiospur einer Talkshow, die aber eigentlich mit Video aufgezeichnet wird und dann jetzt „Video Podcast“ genannt wird. Warum also nicht auch ein interaktiver Hörspiel-Podcast? Also nahm ich das Interaktivelement aus meinen früheren Projekten wie #TubeClash, mischte es mit meinem Lieblings-Kindheitsmedium, dem Hörspiel und gab dann noch eine Prise Netflix-Teen-Drama-Moderne dazu.